Die Eingriffe des Menschen

Die Eingriffe des Menschen zur Nutzung des Nuthetales und seiner Flanken von Hans-Jürgen Paech

Mit Kolonisation der Mark Brandenburg im Hochmittelalter wurde der Potsdamer Raum, darunter die Ränder der Nutheaue auch besiedelt und die Nutheniederung genutzt. Dementsprechend sind die Eingriffe des Menschen in die Natur nachhaltiger und in den folgenden Abschnitten wird das Wechselspiel zwischen Natur und menschlichem Einfluss geschildert und besonders darauf eingegangen, was von dem Alten, speziell den Naturobjekten, noch erhalten geblieben ist.

Jagdrevier der Nutheniederung und angrenzender Höhenzüge
Der Wildreichtum der Nutheniederung der Steinzeit blieb offensichtlich noch lange erhalten. Als der Große Kurfürst 1660 auch von Potsdam aus zu residieren sich entschied, war das Motiv dazu vor allem der Wildreichtum der Potsdamer Umgebung. Unmittelbar vor seinem Schloss, es war nur die Havel über die schon vorhandene Lange Brücke zu überqueren, lag ein ausgedehntes Waldgebiet, der jetzige Potsdamer Forst einschließlich Telegrafenberg. Hier ließ der Herrscher ein gewaltiges Gebiet einzäunen, das neben den Höhen der Saarmunder Stauchmoräne bis zu dem heutigen Rehbrücke (Name geht auf eine Brücke zurück, die „Rehbrücke“, die nahe des Zaunsetzerhauses gelegen war) auch die Teile der Nutheniederung einschließlich des Schlaatzes einbezog.

Abb. 8 Kartenskizze von älteren Bauten, Wegen und Einrichtungen (bis 1900 etwa) in der Nutheniederung und deren Rändern (mit Nutheverlauf 1877)

Es wurde „Großer Tiergarten“ genannt, zur Unterscheidung zum „Kleinen Thiergarten“ im Bereich des jetzigen Parkes Babelsberg. Die Nutheniederung war, wenn nicht vor dem Hakendamm zu einem Mühlenteich angestaut, schon Wiesengelände, was für die Jagd von Vorteil war: abends und morgens im Dämmerlicht trat das Wild auf die Freifläche der Nutheniederung heraus und war somit leicht zu erlegen. Wie lange der „Thiergarten“ noch als Jagdgebiet genutztn und auch Parforcejagd betrieben wurde, bleibt dem Chronisten unklar. Auf der Karte von SCHLEUEN (1770) war der Palisadenzaun noch eingezeichnet, aber die Karte ist an anderen Stellen fehlerhaft ( NOVAVEST anstelle der jetzigen Teltower Vorstadt eingezeichnet) und somit unglaubwürdig. Aber, im Jahre 1785 war zumindest dieser Teil der Nutheniederung schon Exerzierplatz und seit 1744 war durch FRIEDRICH II eine Maulbeerplantage am Fuß der Ravensberge angelegt worden (Abb. 8). Seine Nutzung war nicht von langer Dauer, denn 1785/86 war die Plantage zwar noch verzeichnet, aber in den Karten ab 1840 wird ein Forsthaus angegeben (heute Heinrich-Mann-Allee 93a). Da FRIEDRICH II ohnehin kaum für Jagdvergnügen war, dürfte die Nutheniederung seit 1740 (Thronbesteigung durch FRIEDRICH II) kein ausgewiesenes Jagdrevier mehr gewesen sein. Vermutlich hat FRIEDRICH WILHELM I dort schon einen Exerzierplatz gehabt, auf jeden Fall aber FRIEDRICH II. Daran gekoppelt war eine Redoute entstanden, zu deutsch eine Schießschanze, die bis 1840 noch existierte. Die Redoute verschwand danach und ab 1848 war nur noch der Kleine Exerzierplatz, der bis zum 2.Weltkrieg genutzt blieb. Auf einer Karte von 1940 ist freies Feld angegeben, vielleicht aus Geheimhaltungsgründen nicht als Exerzierplatz in der Karte vermerkt. Aus anderen Unterlagen wissen wir aber, dass hier Baracken für etwa 500 Zwangsarbeiter aufgestellt waren, die als vollkommken entrechtete Arbeitssklaven in Potsdam ausgebeutet wurden (WENDT 2002).

Wirtschaftliche Nutzung der Nutheniederung
Wir sind gewohnt, uns die periodisch überflutete Nutheniederung vor allem als Wiesen, möglicherweise auch als Feuchtgebiete und Moore vorzustellen. Dagegen wird ihre Westflanke durch Wald eingenommen und der Bereich des heutigen Stadtteiles Babelsberg war auf weiten Flächen auch ursprünglich von Wald bedeckt gewesen (SUCHODOLETZ 1683), der aber bald für den Bau von Nowawes (ab 1752) genutzt oder urbar gemacht wurde. Für die landwirtschaftliche Nutzung hat die Neuendorfer Gemeinde gesorgt (siehe 4.3). Es gibt aber Hinweise darauf, dass vor der Kolonisation der Deutschen und dem Bau von Stauanlagen im 10. (nach HOFFMANN 1928) bis 12. Jahrhundert die Nutheniederung auch von Wald bestanden war. FRANZ (1957) gibt nahe „Des Schlaatzes“ einen Fund von Eichenstämmen in aufrechter Stellung in einer Torflage an. Baumstammreste in liegender Stellung und Pollen von Kiefer, Birke, Weide und Hainbuche am Fundplatz des Urs (KLOSS 1987) sind dagegen keine eindeutigen Hinweise auf eine bewaldete Nutheaue, denn sie können von Wäldern außerhalb der Nutheaue hierhin verfrachtet sein.

Unentschieden bleibt die Frage, wodurch die Versumpfung der Nutheaue hervorgerufen worden ist. FRANZ (1957) spricht sich dafür aus, dass der Stau am Hakendamm (jetzt Friedrich-Engels-Str.), der zum Betreiben der Mühlen erforderlich war, für die zusätzliche Durchnässung und Moorbildung in der Nutheaue gesorgt hat. Ein recht großer Mühlenteich vor dem Staudamm ist belegt. WEIßE, BRANDE & LINDER (2001) zweifeln an, dass der Stau für die Moorbildung die alleinige Ursache war und machen die periodisch auftretenden Überflutungen für die Einbettung der organischen Substanz im Grundwasser verantwortlich, die dann unter Luftabschluss zu Torf umgebildet wurde, soweit genügend Pflanzenmaterial zusammengetragen war. Natürlich war die Nuthe auch fischreich, dementsprechend interessierten sich die Fischer auch dafür. Die Burgfischerei bei Rehbrücke hat das Fischen sicher intensiv betrieben. Am Schlaatz fehlen Hinweise auf die Tätigkeit von Fischern.
 
Regulierungsmaßnahmen am Nuthelauf
Zur Minderung der Hochwassergefahr, aber auch zur Nutzung der Nuthe für die Schifffahrt versuchte man schon sehr zeitig, Teilbereiche der Nuthe zu begradigen. Zu Zeiten des Großen Kurfürsten, im 17. Jahrhundert, bestand die Nuthe aus einem seine Lage vielfach ändernden Stromgeflecht, wie es für Flüsse mit diesem Gefälle typisch ist. Der Chronist hat bisher noch keine Unterlagen gefunden, die den wahrscheinlichen Eingriff am Nuthelauf unter dem Soldatenkönig belegen. Aber eindeutig ist der Bau eines geradlinigen Nuthelaufs zu Zeiten FRIEDRICH II, denn die 1785/ 86 (FRENTZEL, ANONYMUS, SCHULENBERG) zusammengestellten Karten zeigen die Nuthe mit langen geraden Strecken, von Saarmund bis an den Hakendamm, d.h. fast bis zur Mündung. Die Notwendigkeit der damaligen Nuthebegradigung ergab sich unter anderem aus den verheerenden Überflutungen in den Jahren 1698 und 1755, die jeweils die gesamte Heuernte vernichteten. Die Nuthe hatte damals große wirtschaftliche Bedeutung und wurde instandgehalten, schon 1772 bis 1782 musste das üppig wuchernde Kraut entfernt werden (FRANZ 1957). Neben den begradigten Nutheabschnitten blieben aber die alten Nuthearme im Wesentlichen erhalten, so auch noch 1877. Erst 1933-34 wird die Nuthe endgültig in einen Kanal zwischen Deiche gezwängt, wie wir sie heute kennen. Überschwemmungen gab es aber trotzdem noch, so im Jahre 1940 und am 5.März 1956 (letzte große Überflutung WDH 1969). Vermutlich war diese Überflutung der Anlass, die Nuthedeiche 1957 erneut zu stabilisieren und auch die Pappeln anzupflanzen, die jetzt zu stattlicher Höhe gewachsen sind. In dieser Pflanzperiode wurden aber auch abseits der Nuthe Pappeln gepflanzt, von denen im Sperberhorst (zwischen Nr. 12 und 14) und neben dem Hochhaus im Falkenhorst 14 noch einige erhalten geblieben sind, die vermutlich auf den erhöhten Damm des Schlaatzweges hindeuten.

Erschließung der Nutheaue
Eine wirtschaftliche Nutzung der Nutheaue erforderte deren Erschließung. Dazu mussten Wege geschaffen und zu deren Anlage Dämme geschüttet werden, die einmal den morastigen Untergrund überbrückten und zum anderen bei nicht gar so hohen Überflutungen ein Durchqueren der Aue ermöglichten. Der älteste derartige Damm ist sicher der Hakendamm, der heutigen Friedrich-Engels-Straße entsprechend, der sich durch die Nutheaue schlängelte. Sein Name wird entweder auf den hakenförmigen Verlauf oder zum anderen auf das Geschlecht der von HAACKE bezogen, deren Mitglieder ja im ausgehenden Mittelalter für Potsdam von großer Bedeutung waren. Der Große Kurfürst löste 1660 das Eiland Potsdam von den HAACKEs ein, an die es verpfändet war. Der nächste gebaute Weg ist der Tiroler Damm, der schon zu Zeiten des Großen Kurfürsten den Zugang zu „Dem Schlaatz“ von Süden herstellte. Der Name erinnert an die Tiroler Flößer (ARLT 1999), die vom Großen Kurfürsten nach Brandenburg gerufen wurden, um den Transport des reichlich in Potsdam benötigten Holzes (Bauholz, Brennholz, u.a. für eine Glashütte als Großabnehmer, u.a.) zu garantieren. Später gesellten sich der Teltower Damm (auf Karten seit 1786 ohne Namen und ab 1877 als Teltower Damm bezeichnet) und der Schlaatzweg (auf Karten schon seit 1848, aber mit Namen erst seit 1912 und mit doppeltem „a“, zur Erinnerung sei erwähnt, die Schlaatzstraße gibt es erst seit 1945, hieß nach ARLT (1999) davor Neuberstr., 1856 wurde dieses Gebiet noch von einem Teich eingenommen) zu dem Wegesystem durch die Nutheaue. Der Teltower Damm war nicht die Verbindung nach Teltow, sondern in die Wiesen, die zum Kreis Teltow gehörten. Zur wirtschaftlich sinnvollen Durchquerung der Nutheaue war zwischen den Übergängen des Hakendammes und bei Drewitz-Rehbrücke (Wetzlarer Eisenbahn war 1879 gebaut, hatte aber für Erschließung der Nutheniederung keine Bedeutung) noch ein weiterer Übergang notwendig. Treibende Kraft waren hierbei die Neuendorfer, die ihre Wiesen jenseits des Nuthelaufs hatten und sie direkt erreichen wollten. So wurde der Horstweg (benannt nach einer schwachen Sanderhebung in der Nutheaue, die „Horst“) nach und nach in die Nutheaue hineingebaut. 1848 und 1877 gab es einen Feldweg in diesem Teil des Nuthetales vom jetzigen Babelsberg aus bis mitten in die Nuthewiesen, aber noch nicht einmal bis an die Nuthe. Vermutlich ab 1900, mit Anlage der Großbeerenstr. wurde systematisch ein Weg angelegt, der zumindest seit 1912 schon Horstweg hieß. Es war aber sicher auch ein Feldweg, allerdings wie heute schon dammartig erhöht, und noch keine Straße. Im bebauten Teil des damaligen Neuendorf hieß der Horstweg zunächst Blücherstraße (Stadtplan 1912). Die Horstbrücke entstand dann mit der Kanalisierung der Nuthe Anfang der 30er Jahre. Weitere Straßen waren erst mit Anlage von Wohnsiedlungen in der Nutheaue seit 1960 notwendig, nicht zu vergessen die Nuthestraße, die als Schnellverbindung die Nutheaue rigoros durchschneidet, aber zugegebenermaßen auch gebraucht wird. Die Erschließungswege waren oftmals von Entwässerungsgräben begleitet (z.B. Schlaatzweg seit langen Zeiten, und Tiroler Damm seit etwa 1986), die zur Stabilisierung der Wege beitrugen.

Mühlenbetrieb
Vor der Erfindung der Dampfmaschine und der Stromerzeugung waren Mühlen besonders wichtige Maschinen. Zusätzlich zu Windmühlen auf der schwachen Anhöhe im jetzigen Babelsberg (Straße „An den Windmühlen“ weist auf sie hin, sind 1929 endgültig abgerissen worden) wurde die Wasserkraft der Nuthe zum Betreiben von Mühlen genutzt. Insbesondere am Hakendamm als Erdaufschüttung standen Mühlen. Sie gehen auf die Spiegel-Glas-Hütte KUNCKELs zurück, die seit 1650 dort stand und der Ort war, wo das Rubinglas erfunden wurde. KUNCKEL musste zur Verhinderung von „Industriespionage“ daraufhin auf die jetzige Pfaueninsel (damals noch Kaninchenwerder genannt) in die Einsamkeit weichen. Neben oder nach der Glashütte entstanden Mühlen, die später den Zusatz „königlich“ erhielten. Sie existierten bis zur Erfindung der Dampfmaschine in der Mitte des 19. Jahrhunderts, dann verschwanden sie auf den Karten. Dafür entstand unterhalb des Hakendammes am linken Ufer der Nuthe eine Dampfmühle, die als Melchior-Mühle gegründet, wie auf der Karte aus dem Jahre 1840 angegeben ist. Die Gebäude der Dampfmühle finden sich auf Karten bis in den zweiten Weltkrieg als einsamer Gebäudekomplex inmitten weiter Felder und Wiesen. Dieses Gebiet wurde bei dem Bombenangriff am 14.4.1945 mit einem Bombenteppich belegt, wobei die Dampfmühle auch getroffen wurde. Ein paar Mauerreste sind ja neben der neuen Straße (Friedrich-List-Str.) nördlich der Eisenbahn noch vorhanden.

Nuthe als Transportweg
So klein wie die Nuthe ist, sie war trotzdem seit dem Großen Kurfürsten Transportweg. Aber nur kleine Kähne konnten eingesetzt werden und nicht die Kaffenkähne, die auf der Havel seit 1650 bis 1890 weit verbreitet und bis 40 m lang waren. Die Nuthekähne mussten gestakt oder gar getreidelt werden. Die Nutzung der Nuthe als Transportweg fing aber zunächst mit Flößarbeiten an, denn Holz war damals das vorherrschende Transportgut. Der Tiroler Damm erinnert an die ersten Flößer, wie schon ausgeführt ist. Aber später kam anderes Transportgut hinzu. Bis zum Durchbruch des Steinkohletransportes mittels der Eisenbahn aus weit entfernten Kohlelagerstätten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts diente die Nuthe für den Transport von Torf als Heizmaterial nach Potsdam. Das Torf stammte aus der Wiesenniederung, die sich von Langerwisch bis in das Nuthetal bei Saarmund erstreckte und durch Graben des Mittelgrabens und Torfgrabens bis an die Torflager mit Kähnen zu erreichen waren (BERENDT & LÄUFER 1877). Die Torflager erregten auch Begehrlichkeiten in den 60er Jahren, 1969 waren Vorräte von 28 700 t Trockentorf errechnet (WDH 1969, S. 189). Die schon erwähnten Kohlefetzen in der Saarmunder Stauchmoräne veranlassten den reichen Zuckerfabrikbesitzer JACOBS zum Abteufen von Erkundungsbohrungen in den Ravensbergen, sicher auch unter dem Aspekt der nahe gelegenen Wasserwege. Aber diese Mutung war ohne Erfolg. Die Kohleeinlagerungen nahe der Oberfläche haben nur ganz begrenzte Verbreitung, denn es waren nur aus dem Untergrund durch den Gletscher mitgeschleifte tertiäre Kohlebrocken.

Nutzung der Böden in der Nutheaue
Wie schon ausgeführt, war die Nutheaue ursprünglich von Wald bestanden. Holz war begehrtes Bau- und Brennmaterial schon zu Zeiten des Großen Kurfürsten. Besonders die Glashütte am Hakendamm war ein Großverbraucher. Es ging sicher viel zu schnell, dass die Nutheaue gerodet war. Aber auf der anderen Seite standen nach der Rodung in der Nutheniederung neue landwirtschaftliche Flächen, nämlich Wiesen, zur Verfügung. Der Nachteil dabei war aber nun wieder, dass sie häufig viel zu nass und darüber hinaus häufig überschwemmt waren. Die Anlage und Unterhaltung von Entwässerungsgräben sollten die Wiesen trockenlegen. Zudem hatten diese Gräben Bedeutung für die Stabilisierung der Wege durch die morastige Aue. Die Meliorationsarbeiten begannen schon unter FRIEDRICH II und erfolgten seitdem mit unterschiedlicher Intensität und Ausdauer mehr oder weniger ständig. Letzte massive Meliorationen fanden in den 60er Jahren statt. Die Altwasser waren dann endgültig verlandet und verschwunden (nur noch auf den Luftbildern zu erkennen oder zu erahnen), dafür aber Entwässerungsgräben gezogen. Das Gebiet des jetzigen Wohngebietes „Am Schlaatz“ war durch ein fischgrätenartiges Grabensystem durchzogen, das für nachhaltige Entwässerung gesorgt hat. Das Ergebnis der Melioration war nicht immer positiv. Manche Jahre waren zu niederschlagsarm und dementsprechend die Wiesen dann zu trocken. In den letzten Jahren wird verstärkt für einen natürlichen Wasserhaushalt plädiert. Denn durch den abgesunkenen Grundwasserspiegel geht der Luftabschluss der Torfschichten verloren und diese degradieren. Das wirkt sich nachteilig für die Fruchtbarkeit der Wiesenböden aus.
Ein anderer Nachteil bei der Wiesennutzung war die territoriale Unterteilung. Die Nuthewiesen gehörten zu vielen Orten, so zu Neuendorf (je nach administrative Zugehörigkeit: Neuendorfer, Nowaweser oder Babelsberger Nuthewiesen), Potsdam, Drewitz, Teltow und auch Berlin. Natürliche Grenzen gab es nicht zwischen den Gemarkungen, im Gegenteil, die kanalisierte Nuthe durchschnitt die Babelsberger Nuthewiesen, denn die Grenze zu den Potsdamer Nuthewiesen lag inmitten des Schlaatzweges. Interessant sind zwei Fälle. Als Nowawes gegründet wurde, liebäugelten die Neuendorfer als Gebietsausgleich zu dem verloren gegangenen Land mit Wiesen auf der jetzigen Potsdamer Seite der Nutheniederung. FRIEDRICH II entschied aber abschlägig. Trotzdem haben die Neuendorfer noch ein Wiesenstück jenseits der Grenze als Exklave erhalten. Weiterhin gab es einen kleinen Berliner Anteil der Nuthewiesen unweit von Drewitz, der ehemals zu Zehlendorf zählte, erst mit der Vereinigung in Großberlin im Jahre 1920 zu Berliner Wiesen mutierten. Die Abgrenzung dieser Wiesen gibt es schon sehr lange auf den Karten, aber dass es sich um Berliner Wiesen handelt, ist zunächst in Insetdarstellungen und erst 1956 und 1966 direkt auf den Karten vermerkt. In Karten nach 1966 fehlt dann die Abgrenzung; offensichtlich durch Gebietsaustausch zwischen Westberlin und der damaligen DDR. So gelangte diese Exklave zu Potsdam. Unklar bleibt der Name Teiffelwiese auf dem Messtischblatt von 1877, möglicherweise ist dabei auf den Wiesenbesitzer Bezug genommen. Der Begriff der Teltower Nuthewiesen (auf Karte 1877) bezieht sich sicher auf den Kreis Teltow, denn Nowawes gehörte damals zum Kreis Teltow. So ist auch die Bedeutung des Teltower Dammes zu verstehen und nicht, dass es der direkte Weg von Potsdam durch die Nutheniederung nach der jetzigen Stadt Teltow war.
Die etwas unübersichtlichen Besitzverhältnisse spiegeln die komplizierte administrative Gliederung der Nutheniederung wider. Östlich der im Jahre 1813 zu Potsdam zugeschlagenen Teltower Vorstadt war ein Gebiet, das ebenso zum Kreis Teltow gehörte, wie auch Neuendorf und Nowawes. Es war Gelände einer anderen Gemeinde als Neuendorf, vermutlich zu Drewitz gehörig. Irritierend ist allerdings, dass der Begriff „Potsdamer Nuthewiesen“ schon in den Zeiten vor 1939 verwendet wurde, als das Gebiet noch zum Kreis Teltow gehörte. Die Eingliederung der Nutheniederung bis einschliesslich Drewitz erfolgte erst am 1. April 1939 als auch das gerade davor, im Jahre 1938, aus Nowawes, Neu-Babelsberg und Klein-Glienicke vereinigte Babelsberg nach Potsdam eingemeindet wurde. Diese Unübersichtlichkeit geht auf die Zeit zurück, dass sogenannte Gutsbezirke ziemlich problemlos gegründet und auch erweitert werden konnten. Zudem waren sie den anderen Kreisen gleichgestellt. So gab es die Gutsbezirke Hermannswerde, Plantagenhaus und Potsdam in dem uns interessierenden Gebiet (VIEHRIG 1970).

Abb. 10 Aufschüttungen in der Nutheniederung mit Darstellung der noch erkennbaren geographischen Merkmale des Urzustandes der Nutheniederung und der baulichen Reste des 19.Jahrhunderts
 
Die Fruchtbarkeit der Nutheniederung sank offensichtlich mit der Zeit und damit auch das Interesse an der landwirtschaftlichen Nutzung. So konnten nach dem 1.Weltkrieg die ersten Gärten auf der Nowaweser Seite entstehen, wo durch die Gärtnereien Emil SCHIMMEL, Rosen-RIECK und Cyclamen-SCHNEIDER genügend gärtnerische Tradition beheimatet war. Die kleingärtnerische Nutzung der Nutheaue nahm nach dem 2. Weltkrieg an Bedeutung zu und es bildeten sich die jetzigen Gartenvereine (e.V.) „Uns genügts“, „Südwest“, „Moosgarten“, „Selbsthilfe“, „Übergang“, „Angergrund“, „Nuthestrand“, „Nuthe-Stern“ auf der Babelsberger Seite und „Oberförsterwiese“, „Teltower Damm“, „An der Alten Zauche“, „Käthe Kollwitz“ und „Erlengrund“ auf der Schlaatzseite. Sonderstellung nehmen die „Mietergärten Schlaatz Potsdam“ die Kleingartenanlage „Am Schlaatz“ ein. Erstere nutzte die „freien“ Flächen der Aufschüttung im Wohngebiet und letztere das Gebiet der Nutheaue, auf das bis Anfang der 80er Jahre Müll deponiert wurde.

Bebauung der Nutheniederung
Für die Bebauung der Nutheniederung ist verständlicherweise charakteristisch, dass man die Bebauung der jüngeren Nutheaue lange Zeit scheute. Auf der Terrasse der älteren Nuthe entstanden Gebäude schon seit der Regierungszeit des Großen Kurfürsten, zunächst nahe dem Havelübergang, der jetzigen Langen Brücke, wie später die Kadettenanstalt (etwa 1820), die aus dem 1727 gebauten Waisenhauslazarett hervorging. Fernab vom Kristallisationspunkt in der Teltower Vorstadt nahe der Langen Brücke standen zunächst Einzelhäuser und separate Einrichtungen. Direkt am Fuß der Ravensberge baute man im Jahre 1744 in die Maulbeerplantage auch ein entsprechendes Gebäude, das später Plantagenhaus hieß und lange Jahre eine Försterei beherbergte.
Ein weiteres Einzelhaus ist das Lehmhaus an der Steilstufe zwischen älterer Nutheterrasse und jüngerer Nutheaue. Sein Zweck bleibt dem Chronisten weitgehend unbekannt. Es stand dort seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts (zunächst in Karte mit Geweihzeichen markiert, deswegen wohl vom Forstamt genutzt) bis in den zweiten Weltkrieg hinein. Ab 1912 findet sich neben dem Lehmhaus ein kleiner Friedhof, der ständig größer wurde. Die größte Ausdehnung hat der Friedhof 1956, er nimmt dort den gesamten Rand der Talterrasse ein, allerdings ist in dem gleichen Jahr das Lehmhaus schon verschwunden.

Ein besonderes Kapitel ist die Scharfrichterei, die am Tiroler Damm etwa gleichzeitig zum Lehmhaus entstand und in den 30er Jahren auch als Abdeckerei genutzt wurde. Eine Beziehung zwischen Lehmhaus und Scharfrichterei lässt sich durch den Friedhof herstellen. Offensichtlich war der Bau der Scharfrichterei in der Nutheniederung notwendig, weil die vorherige Potsdamer Scharfrichterei nahe der jetzigen Zeppelinstraße mit der Errichtung der Dampfmühle durch PERSIUS in den Jahren 1841-42, später Proviantamt (jetzt Zeppelinstr. 136), als Schandfleck gegenüber der Königlichen Seehandelsgesellschaft entfernt werden musste. Aber auf der Karte von 1856 war sie noch verzeichnet.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg baute man das Wilhelmstift als Heilanstalt, nahe der Saarmunder Straße, die jetzt Heinrich-Mann-Allee heißt. Aus dieser Zeit sind die wenig verzierten Gelbklinkerbauten (z.B. Landesvermessungsamt) erhalten geblieben. Sie unterscheiden sich deutlich von den Bauten von Anfang des 20. Jahrhunderts, die vereinigt mit dem Wilhelmstift als Epileptische Anstalt dienten und bis 1940 neutraler als Heilanstalt bezeichnet sind. Nach Gründung der DDR-Armee, zumindest ab 1961 diente ein Großteil der Gebäude den Grenztruppen. In dieser Zeit (1986) wurde auch die direkt an der Heinrich-Mann-Allee grenzende Kapelle (20er Jahre etwa gebaut) entfernt. Erst nach 1990 entstand das jetzige Behördenzentrum mit Arbeitsamt, Sozialministerium etc.

Unklar ist die Bedeutung des Namens Lisdorf an der Westflanke auf einem Sporn der älteren Flussterrasse, der jetzt von der Siedlung „Am Nuthestrand“ eingenommen wird. SUCHODOLETZ (1683) gibt Ließdorff an, es findet sich aber auch Lüsdorf Berg, oder Lüßdorf. Vermutlich handelt es sich um eine Wüstung eines Ortes, der seit dem 30jährigen Krieg nicht mehr besteht.
Direkt an den Rand der Nutheaue gedrängt entstand 1897 die Siedlung „Daheim“, nach dem ersten Weltkrieg folgten „Eigenheim“ auf Initiative von dem Bodenreformer A.DAMASCHKE, unmmittelbar anschließend „Am Brunnen“. Der Siedlungsbau schlängelte sich dann in den 30er Jahren am Terrassenrand weiter mit Bau der Siedlungen „Stadtrand“, „Saarlandanger“ (wegen der Rückgliederung des Saarlandes in das Deutsche Reichund „Nuthestrand“. Ab 1960 folgte Waldstadt I und ab 1977 Waldstadt II. Einzelhäuser auf dieser Seite der Nutheaue fehlten fast vollkommen (ausgenommen Lehmhaus und Scharfrichterei). Nur ein kleines Häuschen gab es auf „Dem Schlaatz“, das vom Meteorologischen Dienst als Station besonders für Ozonmessungen genutzt wurde. Nach Baubeginn des Wohngebietes „Am Schlaatz“ fand die Messstation in den Ravensbergen einen besseren Standort. Eine großflächige Bebauung der Nutheaue setzte dann erst in den 80er Jahren mit der Errichtung des Wohngebietes „Am Schlaatz“ ein.

Eine eigene Geschichte hat der Rundling Neuendorf, 1375 erstmals als Nygendorf, 1683 Newedorf, 1785/86 Neudorff und ab 1840 Neuendorf bezeichnet. Damit ist er eine deutsche Gründung. Gebietsmäßig eingeschränkt wurde Neuendorf durch die Gründung von Nowawes (zunächst Böhmisches Etablissement bey Potsdam genannt). Während der Gründerzeit weitete sich Neuendorf entlang des Nordrandes der Nutheniederung bis nach Drewitz aus, wo ORENSTEIN & KOPPEL 1876 eine Fabrik gründeten, die ab 1898 Lokomotivenfabrik war. Die Voraussetzung der Ausdehnung von Neuendorf war durch die Anlage der jetzigen Großbeerenstraße schon in der Mitte des 19.Jahrhunderts durch Separation als geradlinige Straße geschaffen. Ihre mehr oder weniger geschlossene Bebauung ergab sich erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts, in dem verstreut einige Einzelbauten und nicht ganze Wohnviertel gebaut wurden. Die Schließung der Lücken zwischen den Einzelgebäuden erfolgte nach und nach, so dass es heute die interessante Mischung zwischen Flachbauten und Häusern bis zu 5-Stock hoch gibt. Von der Ader der Großbeerenstraße aus versuchte man nach und nach, auch Häuser in die Nutheaue zu setzen. So baute man Anfang der 20er Jahre das Haus Horstweg 10 (jetzt an Abfahrt der Nuthestraße). Ob die kleine Anhöhe, auf dem das Haus steht, der Horst entspricht, die zum Namen „Horstweg“ führte, kann der Chronist nicht sagen.