Im Artikel „Transformation des Plattenbaus. Wie Potsdam seine DDR-Neubaugebiete umgestalten will“ in Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN) vom 04.07.2025 wurde über die grundsätzliche Herausforderung bei der Transformation von Plattenbauten (hier: DDR-Neubaugebiete) berichtet und Meinungen aus dem Potsdamer Gestaltungsrat und leitenden Repräsentanten der Potsdamer Bauverwaltung wiedergegeben.
Matthias Haber, Architekt und Vorsitzender des Potsdamer Gestaltungsrats, wurde mit der Aussage wiedergegeben:
„Planerisch gehe es in den DDR-Neubaugebieten um heutige Anforderungen an Wohnungen. Die Bedürfnisse änderten sich und müssten abgedeckt werden. ,So schafft man sozialen Zusammenhalt und soziale Gerechtigkeit.“‘
Potsdamer Neueste Nachrichten
Diese Aussage zeigt dem Schlaatzrat, als Interessenvertretung der Anwohnenden des Plattenbaugebiets Am Schlaatz die Entfernung, die Planer und Theoretiker bei der Entwicklung und Gestaltung von Stadtteilen als realen Lebensraum haben.
Margarethe Pfeifer Boinot, Sprecherin des Schlaatzrats, sagt hierzu:
„Der reduzierte Blick auf die Langzeitbewohner mit besonderen Bedarfen im Alter ist einseitig. Unbeachtet bleibt die Summe der Bedürfnisse im Stadtteil, die eine Vielzahl von unterschiedlichen Alters- und Kulturfacetten umfasst. Denn architektonische Kunstgriffe schaffen keinen sozialen Zusammenhalt. Sozialer Zusammenhalt ist das Ergebnis von zeitintensiver, aufwendiger und – in den meisten Fällen – ehrenamtlicher Arbeit, die Bürgerinnen und Bürger untereinander jeden Tag leisten. Diese hierbei zu unterstützen und lokale, informelle Strukturen auch bei der baulichen Entwicklung des Stadtteils einzubinden und damit langfristig auch abzubilden ist Aufgabe von Stadtverwaltung, Planern und Gestaltungsrat.“
Margarethe Pfeifer Boinot, Sprecherin des Schlaatzrats
Thomas Feierabend, ebenfalls im Sprecherteam des Schlaatzrats, ergänzt:
„Diese spezielle Form der distanzierten Außensicht auf unseren Stadtteil nehmen wir als unfreundlich und übergriffig wahr! Wir erkennen wieder, was wir bereits mehrfach gegenüber der Stadtverwaltung kritisiert haben: Die Stadtverwaltung hat unseren Stadtteil und seine Menschen über Jahre vernachlässigt, fordert nun aber, dass externe Bedarfe auf ihrem Rücken ausgetragen werden. Damit riskiert die Stadtverwaltung eine Überforderung der sozialen Struktur und der Infrastruktur.“
Dies betrifft vor allem den Bau des Sportforums und das Stadtentwicklungsprojekt „Schlaatz 2030“. Die im PNN-Artikel wiedergegebenen Aussagen des Planungsamtsleiters Erik Wolfram und des Baudezernenten Bernd Rubel geben das Verhältnis zwischen der Stadtplanungsbehörde und dem Schlaatzrat falsch wieder. Im PNN-Artikel heißt es:
„Die zuletzt vom Schlaatzrat geäußerte Kritik am Masterplan Schlaatz 2030 wies Erik Wolfram zurück. Die Hinweise des gewählten Gremiums seien in der Planung längst berücksichtig worden. „Hinterhöfe werden nicht bebaut“, sagte Wolfram. Auch die Busanbindung des in Bau befindlichen Sportforums werde verbessert.“
Die Zukunftsvision Schlaatz 2030 ist stark überladen und musste bei der Rechtskonformitätsprüfung bereits viele Facetten einbüßen. Die Ideen für den zukünftigen Stadtteil im (Planungs-)Raum widersprechen in vielen Fällen den Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner. „Das kürzlich präsentierte Mobilitätskonzept verkennt in den wichtigsten Punkten die gelebten täglichen Pfade der Bewohnerschaft.
Alexander D. Wietschel
„In den vielen Steuerungs- und Planungsrunden wurden die Kritiken und Anmerkungen durch den Schlaatzrat in zahlreichen Fällen abgebürstet, was den Eindruck aufkommen lässt, dass der Stadtteil hier rüde überplant wird,“
sagt Alexander D. Wietschel, Mitglied im Sprecherteam des Schlaatzrat.
„Zudem verursacht das Sportforum in dem Planungsraum erhebliche Konflikte zwischen den Bedarfen der Anwohnenden und Räumen, die das Sportforum nun mehr fest in Anspruch nimmt.“
So gab eine Mitarbeiterin des Planungsbüros bei der Präsentation des Mobilitätskonzepts zu „Schlaatz 2030“ auf Nachfrage zu, dass Parkplatzkapazitäten sowohl zugunsten der Nutzerinnen und Nutzer des zukünftigen Sportforums als auch zugunsten der Anwohnenden doppelt verbucht wurden.
Alexander D. Wietschel kommentiert dies:
„Zukünftige Konflikte sind damit im wahrsten Wortsinn vorgeplant. Viele Anwohnende nehmen das Sportforum schon jetzt als Fremdkörper, gar als UFO wahr, um den sich die Belange des Stadtteils biegen müssen.“
Thomas Feierabend merkt an:
„Als Interessenvertretung der Schlaatzerinnen und Schlaatzer üben wir keine grundsätzliche Kritik an einer Nachverdichtung, sondern an grobschlächtigen Eingriffen in den Stadtteil, der der Befriedigung singulärer und externer Bedarfe dienen. Wir empfehlen den Stadtplanenden dringend, die Positionen aus dem Stadtteil, mit ihrer Vision abzugleichen, da sonst mit erheblichem Widerstand aus dem Stadtteil zu rechnen ist.“
Auch mit Blick auf die Sanierung des Horstwegs mahnt der Schlaatzrat eine Gesamtbetrachtung der Verkehre an.
Die Straße An der alten Zauche ist für den Stadtteil bedeutend und bereits heute durch Umgehungsverkehr Richtung Waldstadt und Babelsberg stark belastet. Im Rahmen der Sanierung des Horstswegs droht den Anwohnenden eine weiter steigende Belastung.
„Die – von der Stadtverwaltung als Lösung angepriesenen – künstlichen Verkehrsinseln auf An der alten Zauche haben den Zustand verschlechtert. Auch hier hat sich gezeigt, dass die Stadtverwaltung am lebenden Objekt experimentiert, ohne die Problemlage der Anwohnenden sachgerecht zu erfassen“, kritisiert die Schlaatzratsprecherin Margarethe Pfeifer Boinot und betont weiter: „Trotz alledem bleibt der Schlaatzrat als Beteiligungsgremium der Schlaatzerinnen und Schlaatzer für den Stadtentwicklungsprozess offen, vorausgesetzt die Stadtverwaltung und die Planer beweisen Offenheit und Entwicklungsfähigkeit im weiteren Prozess.“
Das Sprecherteam Potsdam-Schlaatz für den Schlaatzrat 06.07.2025