Anfängliche Erschließung

Naturformen und Spuren der Erschließung der Nutheniederung von Hans-Jürgen Paech

Die Eingriffe des Menschen in die Nutheniederung, insbesondere die Nutheaue, sind für die Natur so einschneidend, dass wir in diesem Kapitel herausfiltern wollen, was überhaupt von den ursprünglichen natürlichen Formen und Böden erhalten geblieben ist. Zudem soll der Frage nachgegangen werden, was von den ersten Erschließungswegen noch erkennbar ist.

Die Erschließung der Nutheaue und deren Bebauung erforderte die Überdeckung der morastigen Böden mit Schüttmaterial. Für die Wege waren das nur schmale Streifen, die zudem nur so hoch geschüttet worden, wie es unbedingt notwendig war. Teilweise werden es auch Knüppeldämme gewesen sein. Die geringe Aufschüttung erkennt man an dem noch erhaltenen Rest des Teltower Damms zwischen den Kleingartenanlagen ebenso wie am Schlaatzweg, dessen Name schon daran erinnert, dass er nicht oder nicht erheblich erhöht war. Der Tiroler Damm ist nur noch schwach erkennbar, denn der eigentliche Damm ist beim Bau des Wohngebietes „Am Schlaatz“ beidseits aufgeschüttet worden und der noch verbliebene Teil ist auf einem Sporn der Nutheterrasse gelegen, so dass die nordwestliche Böschung auch dem Rand der Nutheterrasse entsprechen kann. Größere Aufschüttungen waren an den modernen Straßen notwendig, so beim Bau des Horstweges und besonders der Nuthestraße. Die Straße „An der Alten Zauche“ liegt am Rand der flächenmäßigen Aufschüttung des Wohngebietes und ist durch eine steile Böschung zu den Kleingartenanlagen (z.B. „Käthe Kollwitz“) getrennt.

Großflächige Aufschüttungen waren beim Bau des Wohngebietes „Am Schlaatz“ notwendig. Es mussten umfangreiche Sandmassen auf, die von morastigen Stellen durchzogene Nutheaue aufgebracht werden. Das erfolgte flächendeckend für das gesamte Wohngebiet in einer Mächtigkeit von etwa 2 m. Der Sand entstammt vorwiegend einer Grube (Baggersee) jenseits der Nuthestraße und gelangte durch Pumpen in das spätere Wohngebiet. Anschließend an die Bebauung war zur Bepflanzung Mutterboden aufzubringen, allerdings erkennt man noch heute, wo die Mutterbodenschicht gar zu dünn ausgefallen ist. Man nutzte also beim Bau des Wohngebietes die Erfahrungen des Soldatenkönigs, der in das Zentrum von Potsdam große Massen von Schüttmaterial bringen musste, um die Bauten nicht nur „für seine Lebzeiten“ zu bauen. Eine besonders gravierende Abdeckung der Nutheaue ist eine Mülldeponie unter der jetzigen Kleingartenanlage „Am Schlaatz“. Hier ist die Nutheaue von bis zu 6 m mächtigen Abfallstoffen überdeckt.

Abb. 10 Aufschüttungen in der Nutheniederung mit Darstellung der noch
erkennbaren geographischen Merkmale des Urzustandes der Nutheniederung
und der baulichen Reste des 19. Jahrhunderts


Was ist nun nach dem Aufbringen der Deckschichten von den Böden der Nutheaue noch zu sehen? Ursprüngliche Nutheaue, so wie wir sie uns nach der Rodung der Auenwälder vorzustellen haben, gibt es noch zwischen Nuthekanal und der Nuthestraße südöstlich der Auffahrt „Horstweg“. Dieses Gebiet ist am 13.04.1983 auf einer Fläche eines Viertel Quadratkilometers zum Flächennaturdenkmal (FND) erklärt worden (auf Karten „Babelsberger Nuthewiesen“, offiziell „Alter Nuthelauf“) und dementsprechend geschützt. Es kann vom Nuthedeich aus auf Babelsberger Seite gut eingesehen werden, sollte aber nicht von uns Unbefugten betreten werden. Die Natur braucht die Ungestörtheit, sowohl die Flora als auch die Fauna (Rehe) sind darauf angewiesen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass Hunde keinen Zugang zum FND erhalten.

Unmittelbar neben dem Wohngebiet ist um „Den Schlaatz“ auch noch die ursprüngliche Nutheaue vorhanden (Abb. 10). Hier ist zwar kein Naturschutz für die Wildtiere notwendig, aber ein Schutz der Landschaft wohl, denn hier bekommt man eine gute Vorstellung von der alten Nutheaue, wenn darauf geachtet wird, dass der Baumbewuchs (meist Weiden) nicht durch Vandalismus zerstört und die Nutheaue durch Müll und Unrat verunziert oder gar zugeschüttet wird. Auch nordwestlich des Horstweges zeigt sich die Nuthe noch recht ursprünglich mit Wiesen und mit einigen Entwässerungsgräben.

Die Böden der Nutheaue sind aber auch noch in den dort angelegten Kleingärten beobachtbar oder gar erlebbar. Sie zeichnen sich durch hohen Anteil an organischer Substanz aus (erkennbar an dunkler Farbe) und durch die Tieflage (wie ehemals die ursprüngliche Nutheaue), die sich an der Durchnässung zeigt; denn die Böden sind nahe dem Grundwasserspiegel. Hier gab es auch dramatische Situationen. So waren die Gärten westlich der Straße „An der Alten Zauche“ Frühjahr 1986 vollkommen von Wasser bedeckt. Erst nach Ausheben eines Dränagegrabens entlang des Teltower Damms war die Trockenlegung der Gärten garantiert.

Die schon beschriebene Steilkante zwischen eiszeitlicher Nuthe und junger Nutheaue ist nicht überall zugeschüttet oder durch Auffüllen der Randsenken verschwunden. Sie ist besonders an dem West- bis Südwestrand der Nutheaue noch als Steilstufe oder zumindest steilere Böschung erhalten, außerdem häufig durch alte Bäume, vorwiegend Eichen und Eschen, markiert. Dagegen ist der Auenrand auf der Babelsberger Seite kaum noch zu erkennen. Er war an sich schwächer ausgebildet, die Nuthe hatte hier einen zusätzlichen Seitenarm, und ist zudem durch Bautätigkeit vollkommen unkenntlich geworden.

Der Vollständigkeit halber ist aber auch zu erwähnen, dass durch Bautätigkeit einige morphologische Erhebungen verloren gegangen sind, so der Eichhorst östlich der Wetzlarer Eisenbahn, im Gebiet an der Brücke nach Drewitz und in Babelsberg.

Nachbemerkungen
Der Chronist möchte noch einige Bemerkungen anschließen. Von Beruf ist er als Geologe zwar eine Art Historiker, aber seine Interessen lagen bisher mehr bei Ereignissen, die vor einigen hundert Millionen Jahren stattfanden. In Begeisterung geriet er erst, wenn die Gesteine ein Alter von 1 Milliarde Jahren hatten und in Exstase, wenn ein Alter von 3 Milliarden Jahren belegt werden konnte. Damit soll angedeutet werden, dass der Chronist weniger Fachmann als mehr Laie der Geschichte von Potsdams sehr unterbelichteten Ostens ist. Dadurch haben sich sicher Inkorrektheiten eingeschlichen und es sind Korrekturen und Präzisionen der hier vorgestellten Darlegungen unvermeidlich und notwendig. Und so bittet der Chronist, die Leser um Zuschriften, insbesondere um gefundene Ungenauigkeiten und Fehler, aber auch um Einschätzungen an oben angegebene email-Kennung. Für Zuschriften sei schon im Voraus gedankt. Abschließend sei noch ein Hinweis gestattet: das Wohngebiet „Am Schlaatz“ ist zwar vom architektonischen Standpunkt einfallslos gestaltet. Es gibt aber durchaus auch sehenswerte Bereiche, so „Den Schlaatz“ und seine Umgebung und dann die Nuthe nicht zu vergessen.