Vorgeschichte

„Vom Sumpf umgeben“ – so übersetzen Sprachwissenschaftler den slawischen Namen Schlaatz, den eine Erhebung an der Potsdamer Nuthe trägt. Hier lagen die Teufels-, die Reh- und Waldwiesen und das „Hewen“ (eine von Gras bewachsene Faulschlammschicht), in dem oft genug das Vieh der Neuendorfer Bauern und Kossäten versank.
Der Landvermesser Schneider beschrieb 1757 die Umgebung des Schlaatzes: „Man arbeitet in einer Wildnis, wo man nichts als Wasser, Strom, Busch und Schilf um sich sieht und wo man an vielen Orten den Grund mit Stöcken suchen muss, um nicht zu versinken.“

Aber lesen Sie selber, weil die Geschichte beginnt viel, viel früher……….

Vor dem Jahre 1660, als der Große Kurfürst FRIEDRICH WILHELM Potsdam zu seiner zweiten Residenz machte, war Potsdam als Ackerbürgerstadt recht ländlich. Damit war der Unterschied des jetzigen historischen Kerns Potsdams zum Gebiet östlich der Havel, insbesondere die uns hier interessierende Nutheniederung nicht groß. Die Schwierigkeiten bei der Bebauung beider Gebiete waren sich sehr ähnlich. Im Zentrum Potsdams lagen zwischen den Moränen (Abb. 1) die Siedlungsgebiete in der Havelniederung und anderen Tiefgebieten. In Potsdams Mitte waren morastige Areale weit verbreitet, die eine Bebauung erheblich erschwerten.

Abb.1 Kartenskizze der geographischen Lage des Schlaatzgebietes innerhalb der Potsdamer Landschaft.


Das musste FRIEDRICH WILHELM I, der Soldatenkönig, leidvoll erfahren, denn sowohl die bekannte Garnisonkirche war nach nur sieben Jahren schon baufällig als auch viele Bürgerbauten, darunter die weit verbreiteten „Typenfachwerkhäuser“ mit dem Mansardenstübchen für die Einquartierung von Militär. Die Schwierigkeiten hingen mit dem Baugrund zusammen, der zum Teil einige Meter mächtige Torflager bis Faulschlammbildungen in Rinnen enthielt. Nicht tief genug gegründete Bauten standen wegen der weichen Unterlage durch Setzungen sehr schnell krumm und schief und waren baufällig. Erst Aufschüttungen von mehr als 1 m Sand und Ähnlichem verbesserten, die Bebaubarkeit nachhaltig. Auch wurde auf Pfahlgründungen zurückgegriffen, die die Auflast bis in den belastbaren Untergrund weiterleiteten.

Geographisch wollen wir uns hier auf den jetzt zu Potsdam gehörenden Teil des Nuthetals mit seiner Niederung und seinen Flanken konzentrieren, der gleichermaßen wie Potsdams Mitte auch durch stark morastigen Untergrund ausgezeichnet ist. Deswegen wurde die Nutheaue für Bebauungen lange Zeit gemieden. Ihre Nutzung und Bebauung stellten die Interessenten immer wieder vor neue Probleme.

Natürlich muss man neidlos anerkennen, dass die Geschichte des historischen Kerns der Stadt auf dem „Eiland Potsdam“ sehr spannend ist, aber die Randgebiete haben auch ihre interessanten Facetten und brauchen den Vergleich mit Potsdams „historischer Mitte“ durchaus nicht zu scheuen. Aber negative Seiten gibt es in den Randgebieten auch.

Dieser hier zu beschreibende, zu Potsdam gehörende Teil der Nutheniederung umfasst administrativ die Teltower Vorstadt und östlich angrenzende Gebiete. Die Teltower Vorstadt (selten auch Teltauer Vorstadt) vor dem ehemaligen Teltower Tore, das am Ostende der jetzigen Langen Brücke stand, nahm wahrscheinlich insofern eine Sonderentwicklung unter den Vorstädten ein, als sie nach POTSDAM-MUSEUM (1993) erst 1813 nach Potsdam eingemeindet wurde und demnach bis dahin eine gewisse Autonomie besaß und nicht wie die Brandenburger, Nauener und Jägervorstadt schon bei Gründung zu Potsdam gehörten. Die Abgrenzung Potsdams im 19. Jahrhundert war für das Gebiet östlich der Havel sehr eng bemessen. Die Begrenzung verlief z.B. entlang der Ostgrenze des Alten Friedhofs.

Im Folgenden soll die Geschichte unseres Wohngebietes „Am Schlaatz“ und angrenzender Räume (nicht nur der Teltower Vorstadt und seines Vorlandes, sondern auch, soweit notwendig, des jetzigen Stadtteils Babelsberg) zusammengetragen werden. Die Geschichtsbetrachtung beginnt mit der geologischen Vorzeit vor vielen Millionen Jahren, reicht über die prähistorischen Zeiten vor 10.000 Jahren bis zum Baubeginn des Wohngebietes „Am Schlaatz“ vor 23 Jahren und basiert auf den veröffentlichten Fakten. Dabei wird vor allem auf Karten zurückgegriffen (siehe Literatur).

Kurz einige Bemerkungen zum Begriff „Schlaatz“. Er bezieht sich auf eine erhöhte Sandinsel, „Dem Schlaatz“, innerhalb der sonst tieferen Nutheaue. Auf der Karte von SUCHODOLETZ aus dem Jahre 1683 taucht der Name noch nicht auf, er ist erstmalig in einer Karte von 1877 als „D.Schlatz“ verzeichnet. Die Schreibweise in den Karten ist häufig auch „Der Schlatz“ (oder „D.Schlatz“). Erst 1912 und später findet sich auf den Karten „Der Schlaatz“. Der Ursprung des Wortes „Schlaatz“ bleibt unklar. Nach Brandenburgisch-Berlinischem Wörterbuch wird Schlatz mit Schlitz erklärt, wie es auch dem normalen Sprachgebrauch entspricht. Das ergibt aber gar keinen Sinn. In RIEDELs Codex diplomaticus, Band III, Berlin 1868, Seite 154 wird der Ort Schlachtensee (jetzt Berlin) auf slawischen Ursprung zurückgeführt und auf folgende Benennungen verwiesen: Schlatse, Slatse, Wendisch Slatdorp (Schlatdorp). Rein klanglich gibt es wohl Übereinstimmung mit „Dem Schlaatz“ in unserem Wohngebiet, aber die Bedeutung des Begriffes ist trotzdem nicht endgültig geklärt, zumal die Bezeichnung „Schlaatz“ erst recht spät in den Karten auftaucht, wie auch der Bezeichnung „Schlaatzweg“, die erst seit 1912 bekannt ist . Bis dahin war Jungfernstieg gebräuchlich (ARLT 1999). SCHLIMPERT (1972) hat für Slatse und Slat zwei Erklärungen: 1) mittelniederdeutsch: Slat und Slacht für Pfahlwerk als Uferbefestigung quer durch das Flussbett als Fisch- oder Mühlenwehr ausgeführt 2) es kann aber auch slawisch sein, weil russisch solot = Morast und Sumpf (Autor dieses Beitrages kann die Übersetzung nicht bestätigen). Aber interessant ist serbokroatisch slatina = Salzquelle, slowenisch Sauerwasser. Da gibt es nach Meinung des Autors dieses Beitrages Anhaltspunkte für das Vorkommen von einer Salzwasserstelle am Schlaatz, die jetzt verschüttet ist (SCHIRRMACHER 2001).